Vor rund 200 Jahren wurde die Landschaft um Lauenstein scherzhafterweise auch „Hennecke-Knechts-Land“ genannt. Das berichtet D.E. Baring und schreibt ferner, dass auf den Strassen, bei Zusammenkünften, in den Häusern von gross und klein das Hennecke-Knecht-Lied gesungen wurde. Es gab auch Parodien, bei denen es hiess „To singen na der Wiese Hennecke-Knecht, was wult du dohn ?“. Sogar eine lateinische Übersetzung wurde von Baring in seinem Buch „Die Beschreibung der Saale“ aufgenommen.
Wer versteckt sich hinter Hennecke-Knecht ? Vermutlich ein Edler, ein Rittmeister und kein einfacher Landsknecht, der aus dem damaligen Amt Lauenstein stammte und als Reiter bei einem Regiment des Herzogs Georg Wilhelm von Celle dem Kaiser bei dem Kampf gegen die Türken gedient hatte. 1665 erschien unter dem Titel „Des Edelen Hennecke von Lauenstein“ ein Büchlein, in dem es heisst: „Ich bin zwar nichts mehr als ein Reuter, ich halte mich aber so gut als ein Edelmann.“ Als Geburtsort werden Lauenstein, Ockensen und Thüste genannt.
Hermann Löns hat in seiner so trefflichen Schilderung über das Saaletal folgendes aufgenommen: „Und dann ist hier dat ohle Leisken vom Hennecke Knecht entstanden, das Liedchen, das erzählt, wie Hennecke nicht mehr Knecht im Calenbergischen bleiben wollte, sondern nach Bremen ging, um ein Seefahrer und Krieger zu werden.“
Nebenstehend bringen wir alle Verse dieses Liedes und eine kurze Inhaltsangabe der 14 5-zeiligen Verse. Hennecke will nicht mehr bei einem Bauern als Knecht dienen, rüstet sich als Kriegsmann mit Schwert, Armbrust und Köcher aus, wandert nach Bremen und heuert bei einem Schiffer an. Aber als er auf die See kam, „Stund hey aß een vorjaget Ree / Neen Wort konde hey nich sprecken / Hey dachte hen, hey dachte her / Syn Harte woll öhme thou brecken.“
Hermann Löns fährt dann mit seiner Schilderung mit folgenden Sätzen fort : „Heute ist das alte gute Lied vergessen und die Jugend singt Berliner Gassenhauer und das Lied vom Pfannenflicker, das beinahe so saftig ist, wie die Landstrassen im Hennecke – Knechtsland nach einem gehörigen Gewitterschauer.“
(Fritz Klein,Dewezet)
Das Hennecke-Knechts-Lied
1.
Och Hennecke Knecht wat wultu dohn,
Wultu verdeinen dat ohle Lohn,
Over Sommer by meck bliven,
Ick geeve deck een paar nyer Scho,
Den Plaug kanstu wol dryven.
2.
Hennecke sprack een trötzig Wort,
Ick will neinen Buren deinen vort,
Solch Arweit wil ick haten,
Ick wil meck geven up dey See,
Deß hebb ick gröter baten.
3.
Dat Wieff sprack ock een hastig Wort,
Wo bist Du Kerll jou bedort,
Wilt Du een Schipmann werden,
Hacken und roen is din arth,
Unn plöugen in dey Erden.
4.
Hennecke word by sick sülven thou Rath,
Hey koffte vör syne Haversaed,
Een Armbost gut van pryse,
Kort Kleer leth hey seck schnien an,
Recht na der Krieger Wiese.
5.
Hey nam den Ambost up den Nack,
Den Köker an den Gördel stack,
Dat Schwert an syne Syden,
Darme ginck hey den wrick den wrack,
Na Bremen leth hey glyen.
6.
Aß Hennecke thou Bremen hinquam,
Ginck hey vör enen Schipper stahn,
Sprack Schipper leive Here,
Will gy meck vör een Schipknecht han,
Vör enen Röderere.
7.
Ick wol deck gerne nehmen an,
Kanstu vör enen Schipknecht bestahn,
Woll recht an Scheepes Boorde,
Ick hört an dynen Wörden wol,
Du bist een Buwr van Ardte.
8.
Hennecke schwor enen düren Eedt,
Nenen kaskern Kerl eck nich weet,
Tho allen donde unde Saken,
Ick bin in mynem Mode so fry,
Recht aß een wilder Drake.
9.
Do Henneckeknecht quam up dey See,
Stund hey aß een vorjaget Ree,
Neen Wort konde hey nich sprecken,
Hey dachte hen, hey dachte her,
Syn Harte woll öhme thou brecken.
10.
Hey lehnde sin Hövet an Scheepes Boort,
Enes Armes lang sprack hey een Wort,
Woll thou der sülven Stunde,
Wat meck myn Wyff vorherre sacht,
Deß kom ick nu thou funde.
11.
De Wind de weyd, de Han de kreyd,
Dat Wedder dat was gar unstede,
Dat Meer gar ungehüre,
Hed ick den Plaug in meiner Hand,
Dem wolde ick wol balle stüren.
12.
Yß hyr denn nu nemand bekandt,
Dey mick bringt in dat Sassen Land,
Woll twiscken Dyster und Laine
Woll thou des Edlen Försten sun Huß,
Dat Hueß thoum Lawensteine.
13.
Och iß hyr nuneemand bekandt,
De mick bringt int Bronswicker Landt,
Ick wilt öhme wol belohnen,
Ick wil öhme geven myn Haversatt,
Darthou een Scheppel mit Bonen.
14.
De ösck düt leyd erst hafft bedacht,
Hafft Hennecken van dey See bracht,
Dat öhne dey Lüse nich freten,
Sünnern hey warnet alle gude Gesellen,
Dat sey nich syn vormeten.
1.
„Hennecke Knecht, was willst du tun,
Willst du verdienen dein alten Lohn,
Über Sommer bei mir bleiben ?
Ich geb dir ein Paar neue Schuh,
Den Pflug kannst du wohl treiben.“
2.
Hennecke sprach ein trotzig Wort :
„Ich will keim Bauern dienen fort,
Solcher Arbeit will ich trutzen;
Ich will mich geben auf die See,
Des hab ich größern Nutzen.“
3.
Das Weib sprach auch ein hastig Wort:
„Wie bist du Kerl auch so betört,
Willst du ein Schiffmann werden!
Hacken, reuten ist dein Art
Und pflügen in der Erden.“
4.
Hennecke ward bei sich selbst zu Rat,
Er kauft für seinen Habersack
Ein Armbrust, gut von Preise,
Kurz´ Kleider läßt sich messen an,
Recht nach der Krieger Weise.
5.
Er nahm die Armbrust auf den Nack,
Den Köcher er im Gürtel stach,
Das Schwert an seine Seite,
So ging er dann mit Sack und Pack,
Nach Bremen tät er schreiten.
6.
Als Hennecke nach Bremen kam,
Tät er vor einen Schiffer stahn,
Sprach : „Schiffer, lieber Herre,
Wollt ihr mich wohl zum Schiffmann han,
Für einen Ruderere ?“
7.
„Ich will dich gerne nehmen an,
Kannst du als Schiffsknecht mir bestahn,
Wohl recht an Schiffes Borde,
Ich hör an deinen Worten wohl,
Du bist von Bauern Arte.“
8.
Hennecke schwor einen teuren Eid :
„Kein andrer Kerl ist weit und breit
Zu allem Tun und Sachen;
Ich bin in meinem Mut so frei
Recht als ein wilder Drachen.
9.
Da Hennecke Knecht kam auf die See,
Stand er als ein verzagtes Reh,
Kein Wort konnt er nicht sprechen,
Er dachte hin, er dachte her,
Sein Herz wollt ihm zerbrechen.
10.
Er lehnt sein Haupt an Schiffes Bord,
Ein Armes lang sprach er ein Wort
Wohl zu derselben Stunden :
„Was mir das Weib vorhergesagt,
das hab ich nun gefunden.“
11.
Der Wind, der weht, der Hahn, der kräht,
Das Wetter, das war gar unstet,
Das Meer ganz ungeheure :
„Hätt ich den Pflug in meiner Hand,
Dem wollt ich wohl bald steuern !
12.
Ist denn nun niemand hier bekannt,
Der mich bringt in das Sachsenland,
Wohl zwischen Deister und Leine,
Wohl zu des edlen Fürsten Haus,
Das Haus zum Lauensteine ?
13.
Ach, ist nun niemand hier bekannt,
Der mich bringt ins Braunschweiger Land ?
Ich will ihn wohl belohnen,
Ich will ihm geben mein Habersack,
Dazu ein Scheffel Bohnen.“
14.
Der uns das Liedchen hat erdacht,
Hat Henneken von der See gebracht,
Daß ihn die Läus nicht fressen;
Er warnt auch all Gesellen gut,
Daß ihr nicht seid vermessen.