Östlich vom heutigen Lauenstein liegen bei Spiegelberg drei kleinere Bodenerhebungen :
- die St. Annen-Kapelle und der sie umgebende Friedhof
- die ehem. Burg Spiegelberg, der heutige Hof Renner
- der „Grafengerichtsplatz“ (einst „Schuttkuhle“ genannt)
Diese Hügel fanden bei den vorgeschichtlichen Menschen Beachtung, weil sich dort unterirdische Wasseradern kreuzen, damals ein Zeichen besonderer Heiligkeit. So konnten sich hier Kultplätze entwickeln.
Als Beweis : das hier gefundene kostbare, rund 5000 Jahre alte Jadeitbeil (Jüngere Steinzeit), ein Ritualbeil oder Statussymbol.
Kultstätten dienten auch als Begräbnisplätze. So konnten sechs bronzezeitliche Aschengräber auf dem Gelände der Kapelle nachgewiesen werden. Auf dem Grafengerichts-Hügel wurden sogar neun germanische Hügelgräber gefunden, von denen z.T. noch die grossen Deckplatten Zeugnis ablegen.
Das an einem Kult- und Begräbnisplatz – im Angesicht der Ahnen – auch Gericht gehalten wurde, war bereits für die vorgermanische Bevölkerung logisch.
Um 1200 bauten die Grafen von Spiegelberg auf der dritten Anhöhe (Hof Renner) eine Burg. Doch die Edelherren von Homburg verdrängten sie und bauten 1247 am Ith ihre Burg Lauenstein. Bald setzten unterhalb der Burg beurkundete Rechtshandlungen ein :
- „apud Levensten“ (1295)
- „in Spegelberge ante castrum Lewenstein“ (1298)
Also hat der alte Kult-, Begräbnis-, und Dingplatz weiterhin seine Funktion behalten, jetzt als Grafengerichtsplatz.
Gerichtsprotokolle sind bis 1592 überliefert. Grimm gibt in seinen „Weistümern“ die Gerichtsfragen des dortigen Godings wieder.
Dann bleibt der Platz unbenutzt und seine ehemalige Bedeutung verblasst in der Erinnerung. Rudorff ist um 1850 der Flurname „Richtestücke“ noch bekannt, und um 1900 wird diese Flur dann lediglich „Im Linke“ genannt.
Eine unglückliche Entwicklung setzt ein : Die Grabhügel werden als solche nicht mehr erkannt, der Gerichtsplatz mit steinernem Gerichtstisch auch nicht ! Die Unebenheiten auf dem Hügel werden mit Schutt (!) aufgefüllt und so das Niveau ausgeglichen. Alteingesessenen ist die kleine Anhöhe nur als Schuttkuhle ein Begriff.
Durch eine wahrhaft makabre Entwicklung ist dieser Stätte der Charakter eines Kultplatzes offensichtlich verlorengegangen.
Vom Kultplatz zur Schuttkuhle !
Soll das so hingenommen werden ?
(Text von Ulrich Baum)